
Die gemeinsame Geschichte von Kaffee und Zucker
Zusammenfassung: Die Geschichte des Kaffees ist im Westen untrennbar mit der des Zuckers verbunden. Was einst als kostbarer Luxus begann, hat sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem festen Bestandteil unserer Alltagskultur entwickelt. Der Weg von der exklusiven Adelstafel zur Kaffeepause in der Fabrik und schließlich zur modernen Spezialitätenrösterei zeigt, wie sich die Bedeutung beider Produkte gewandelt hat.
Während man den Kaffee in seinen Ursprungsregionen gerne mit Gewürzen verfeinert, süßt man ihn im Westen traditionell mit Zucker. Doch seit wann – und vor allem warum – gehört Zucker für viele von uns selbstverständlich zum Kaffee?
Zucker und Kaffee – einst reine Luxusgüter
Zucker und Kaffee teilen eine ähnliche Entwicklung in der europäischen Geschichte: Beide waren über Jahrhunderte hinweg kostbare Luxusgüter, die nur Adel und wohlhabende Bürger genießen konnten. Sie mussten teuer importiert werden, lange Landwege und zahlreiche Zollgebühren machten sie entsprechend teuer.
Die Nachfrage jedoch war enorm. Länder wie Spanien und Portugal suchten im 15. Jahrhundert nach Seewegen zu den Ursprungsländern des Kaffees. Bald folgten auch Frankreich, die Niederlande und Großbritannien – und mit der Ausbreitung der Kolonien führten die Europäer Zucker und Kaffee auch in eroberte Länder ein, in denen beide Pflanzen zuvor nicht heimisch waren. Die Preise sanken, bezahlt wurde dieser Fortschritt jedoch mit der Arbeit von Sklaven auf den Plantagen.
Der Durchbruch der Zuckerrübe
Um 1800 gelang Wissenschaftlern eine entscheidende Neuerung: Zucker ließ sich nicht mehr nur aus Zuckerrohr, sondern auch aus der Zuckerrübe gewinnen. Da diese in Europa angebaut werden konnte, verlor der karibische Zuckerrohranbau zunehmend an Bedeutung. Heute spielt er für die europäische Versorgung kaum noch eine Rolle.
Kaffee als Treibstoff der Industrialisierung
Beim Kaffee dauerte es länger, bis er erschwinglich wurde. Da er nur rund um den Äquator wächst, blieb man auf den Import angewiesen. Verbesserungen bei Anbau, Transport und Röstung machten Kaffee schließlich massentauglich – allerdings auch zum Industrieprodukt.
Damit wandelte er sich vom reinen Genussmittel zum Koffeinlieferanten. In den Fabriken des 19. Jahrhunderts steigerte er die Produktivität der Arbeiter, vielerorts verdrängte er sogar den Alkohol als Alltagsgetränk. Kaffee wurde so zu einem der „Schmierstoffe“ der Industriellen Revolution.
Vom Koffeinspender zurück zum Genussmittel
Lange haftete Kaffee der Ruf an, lediglich ein Wachmacher zu sein. Erst mit der sogenannten Third Wave Coffee Bewegung, die vor wenigen Jahrzehnten begann, wurde er wieder als Genussmittel entdeckt. Kleine Röstereien, fairer Handel und handwerkliche Veredelung rückten in den Fokus – und Zucker verlor hier oft seinen Platz in der Tasse.
Der Grund: Schlechter Kaffee enthält viele Bitterstoffe, die sich mit Zucker überdecken lassen. Mit der Rückkehr zu hochwertigen Bohnen und schonender Röstung wurde diese Notwendigkeit überflüssig.
Zucker im Kaffee – heute reine Geschmackssache
Heute ist Zucker im Kaffee vor allem eine Frage des persönlichen Geschmacks. Zwar gibt es weiterhin Unterschiede zwischen industriell geröstetem Kaffee und Spezialitätenröstungen aus Manufakturen, doch die unangenehme Bitterkeit ist weitgehend Vergangenheit. Wer Zucker in seinen Kaffee gibt, tut dies nicht mehr aus Notwendigkeit – sondern einfach, weil er es gerne süßer mag.
So bleibt Zucker im Kaffee, trotz seiner wechselvollen Geschichte, auch heute noch ein kleines Stück Kultur – und vor allem eine ganz persönliche Entscheidung.

